Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Scheller,
mit Bestürzung, wachsender Sorge und tiefem Unverständnis wenden wir uns heute erneut an Sie – diesmal öffentlich. Denn was bleibt uns anderes übrig, wenn selbst wiederholte, direkte Schreiben unbeantwortet bleiben, obwohl Sie als Verwaltungschef bereits vollständig eingebunden sind?
Seit der Pressemitteilung des Tierschutzvereins Brandenburg vom 06.06.2025 und dazu erfolgten schriftlichen Eingaben unsererseits herrscht Funkstille seitens Ihres Veterinäramtes. Kein Wort. Kein Zeichen. Kein Lebenszeichen von Otis.
Otis, ein Hund, den wir über Wochen aufgebaut haben.
Otis, der sichtbar Fortschritte machte.
Otis, der Vertrauen zu Menschen gefasst hatte.
Otis, der endlich eine Chance bekam – bis sie ihm durch eine einmal mehr überraschend und ohne Rücksprache erfolgte spontane Fortnahme genommen wurde.
Was ist mit Claire? Auch sie wurde nicht zurückgebracht – obwohl Sie sich höchstselbst beim Tag der offenen Tür irritiert darüber zeigten. Warum bleibt ein solch einfacher, menschlicher Schritt – die Rückführung von Claire und Otis – aus? Ein erster Schritt in Richtung Vertrauen. Ein Signal des Miteinanders. Stattdessen erleben wir immer wieder: Tiere, die wir kennen, täglich betreuen und fördern, werden uns ohne Erklärung entzogen.
Und: verschwinden. Mit Otis und Claire summiert sich die Anzahl auf über 20 (!) Tiere.
Womit haben wir das verdient?
Warum wird unsere fachlich fundierte Arbeit als gemeinnütziger Träger mit Füßen getreten?
Warum werden Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg getroffen?
Warum erfahren wir nichts über das Schicksal von Tieren, deren Verhalten, Geschichte und Eigenheiten wir besser kennen als jeder fremde Gutachter?
Wir haben keine Angst vor der Wahrheit. Aber wir haben Angst um Otis.
Angst, dass sich das wiederholt, was deutschlandweit aktuell viele entsetzt: Euthanasie trotz anderer Möglichkeiten. Trotz Fortschritten. Trotz Alternativen. Sie kennen sicher den Fall Nanouk. Auch bei Otis ging es um Entwicklung, um Perspektive – nicht um schnelle Urteile. Nicht um Machtdemonstrationen. Nicht um ideologisches Handeln.
Wir fordern nichts Unzumutbares. Wir fordern:
- Transparenz.
- Rückmeldung.
- Beteiligung an Prozessen, die unsere Tiere betreffen.
- Respekt für unsere Arbeit.
Und vor allem: Ein sichtbares, klares Zeichen, dass auch die Stadtspitze hinter dem Staatsziel Tierschutz steht.
„Das Tier wird um seiner selbst willen geschützt, als Träger eigener Güter – Leben, körperliche Unversehrtheit, Gesundheit, Wohlbefinden.“
Dieses Ziel braucht Partner. Menschen, die nicht gegeneinander arbeiten, sondern miteinander. Und: Menschen, die Verantwortung übernehmen. Die zu ihren Institutionen stehen – oder sich schützend vor sie stellen, wenn andere deren Arbeit gefährden.
Sehr geehrter Herr Scheller, Sie waren am vor Ort. Sie haben gesehen, wie wir arbeiten. Sie haben mit Mitarbeitenden und Bürger:innen gesprochen.
Sie wissen: Wir leisten hier mit wenig Mitteln sehr viel.
Was wir brauchen, ist keine Überwachung, sondern Rückendeckung. Keine Sanktion, sondern Vertrauen. Keine Ohnmacht, sondern Zusammenarbeit.
Bitte hören Sie auf das, was wir sagen – nicht nur auf das, was man Ihnen berichtet.
Wir möchten unseren Job machen. So, wie man ihn von einem modernen Tierheim erwartet: Fachlich fundiert. Emotional engagiert. Gesetzlich abgesichert.
Doch solange wir in der Angst leben müssen, dass uns Tiere genommen, verschwiegen oder womöglich sogar getötet werden, können wir das nicht.
Wo stehen Sie, Herr Scheller?
Setzen Sie ein spürbares, sichtbares Zeichen für das Tierheim dieser Stadt.
Für eine Verwaltung, die mit dem Tierschutz arbeitet, nicht gegen ihn.
Für Fairness, Ehrlichkeit – und all die Tiere, die uns genommen wurden und deren Namen und Geschichten wir in unseren Herzen tragen. Immer.
Mit dem nötigen Ernst und der Bitte um eine klare Antwort,
im Namen all jener, die sich für Tiere einsetzen – Tag für Tag.
Der Vorstand des Tierschutzvereins Brandenburg e. V.